Die Autoren:
Mag. Andreas Vranek
ist Mitarbeiter der Abteilung im Hauptverband, die sich mit den Beziehungen zu den niedergelassenen Ärzten beschäftigt.
Dr. Johannes Gregoritsch
ist stellvertretender Leiter der Abteilung im Hauptverband, die sich mit den Beziehungen zu den niedergelassenen Ärzten beschäftigt.
KURZFASSUNG
Im Artikel wird ein jüngst ergangenes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes dargestellt, welches sich mit einer Frage der ärztlichen Honorierung beschäftigt, die schon seit langem Gegenstand intensiver Diskussion ist. Im Fokus stehen jedoch weder Patientenrechte, noch gesamtgesellschaftliche Gerechtigkeitsüberlegungen, sondern die Mechanismen der Einkommensverteilung der Berufsgruppe der Ärzte.
Es geht um Steuerungsmaßnahmen, welche in den mit Leistungsanbietern für die Anspruchsberechtigten der gesetzlichen Krankenversicherung abgeschlossenen Gesamtverträgen vorgesehen sind. Dabei handelt es sich um eine Vielfalt von Maßnahmen, nämlich Honorardeckelungen (nicht nur für einzelne Anbieter, sondern z.B. auch für Fachgruppen innerhalb der Ärzteschaft), Degressionsregeln, Verrechnungslimitierungen usw.
Einzelne Leistungsanbieter haben die Frage, ob diese Steuerungsmaßnahmen die (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Grundrechte der Ärzte einschränken würden, vor den Verfassungsgerichtshof gebracht.
Zuletzt hat die „Soziale Sicherheit“ (Ausgabe Jänner 2009, Seite 8 ff) zu dieser Thematik einen Artikel von Univ. Prof. Dr. Karl Stöger (Univ. Graz) unter dem Titel „Überlegungen zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Honorardeckelungen von ärztlichen Gesamtverträgen“, publiziert. Mit dem jüngsten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof zahlreiche Überlegungen Prof. Stögers aufgegriffen. Eine Grundrechtsverletzung des beschwerdeführenden Arztes wurde nicht erkannt.
Durch das gegenständliche Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof zwar kein Neuland beschritten, jedoch in der bisher eindeutigsten Form zugunsten der verfassungsgesetzlichen Zulässigkeit von Steuerungsmaßnahmen in Gesamtverträgen mit den Vertragspartnern der Sozialversicherung Stellung bezogen.
Für die Frage, ob die in den Honorarordnungen vorgesehenen Vergütungen Kostendeckung bieten (sollen), kann die individuelle Situation eines einzelnen Vertragsarztes keinesfalls ausschlaggebend sein, sondern es ist immer eine Gesamtbetrachtung anzustellen.
Es liegt im Gestaltungsspielraum der Partner des Gesamtvertrages, entweder die nach medizinisch-sachkundigem Verständnis (also nach der fachlichen Verkehrsauffassung) zusammengehörigen und daher zu einer Einzelleistung zusammengefassten Haupt- und Nebenleistungen unabhängig davon, in welchem Umfang die jeweiligen Leistungsteile in jedem Behandlungsfall schlagend werden und welchen Zeitaufwand sie jeweils im Einzelnen verursachen, in Form einer einheitlichen Tarifposition abzugelten (und damit hinsichtlich der jeweils umfänglich ungewissen Nebenleistungen eine gewisse Pauschalierungswirkung zu erzielen). Die Partner des Gesamtvertrages dürfen aber auch eine solche ärztliche Leistung, die mitunter Nebenleistungen inkludiert, weil diese lege artis und daher auch zum Pauschalhonorar erbracht werden müssen, in einzelne Teil(Haupt- und Neben)leistungen zerlegen und für jede der in Betracht kommenden Teilleistungen einen eigenen Tarif vorsehen, so dass sich für jede Erbringung der Gesamtleistung je nach Art und Ausmaß der erforderlichen Nebenleistungen von Fall zu Fall unterschiedliche Honorare ergeben können. Es steht den Partnern des Gesamtvertrages daher aber auch frei, eine bestimmte Nebenleistung zwar gesondert zu honorieren, jedoch die Anzahl der Fälle, in denen dies geschieht, zu begrenzen, mit der Wirkung, dass in allen übrigen Fällen, in denen diese Leistung über die zulässige Quote hinaus erbracht werden muss, diese wieder nur mit dem Honorar für die Gesamtleistung pauschal abgegolten wird; es handelt sich dabei um eine Methode, die Inanspruchnahme von (einerseits zeitlich aufwendigen, andererseits aber auch durch Patient und Arzt in der Regel leicht steuerbaren) Behandlungs(neben)leistungen zwar bewilligungsfrei zu halten und die Indikationsstellung allein dem fachlichen Urteil des Vertragsarztes zu überlassen, dennoch aber die erforderlichen Gesamtkosten der Krankenbehandlung für den Krankenversicherungsträger kalkulierbar zu halten. Auf diese Weise versuchen die Gesamtvertragsparteien einen Ausgleich zwischen dem Interesse der (Vertrags-)Ärzteschaft an einem (hohen) Einkommen aus ihrer Tätigkeit und jenem des beteiligten Krankenversicherungsträgers – letztlich der betroffenen Versichertengemeinschaft – an einem ausgeglichenen Haushalt herzustellen. Insofern macht der Umstand, dass eine Regelung (hinsichtlich der Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Kassen, gedeckt durch § 342 Abs 2a ASVG) unter Bedachtnahme auf finanzielle Erwägungen getroffen wird, anders als der Beschwerdeführer meint, diese nicht unsachlich (vgl. auch die ausführliche Begründung in VfSlg 16.463/2002). Auch die Angemessenheit des Honorars hat die belangte Behörde in einer aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandenden Weise bejaht. Tarifansätze in Honorarordnungen, wie der hier in Rede stehenden, sind als Resultat von Verhandlungen zwischen Interessenvertretungen, die einander widerstreitende Interessen zu vertreten haben, Ausdruck des zwischen diesen gegenbeteiligten Interessen erzielten Interessenausgleichs und haben insoweit auch die Vermutung der Angemessenheit der zu erbringenden Leistungen und des für diese Leistungen geschuldeten Entgelts für sich (VfSlg 15.698/1999, 16.463/2002, 16.607/2002). |