Die AutorInnen:
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Forster
Arbeitet am Institut für Soziologie der Universität Wien und am Ludwig Boltzmann Institute Health Promotion Research.
Mag. Peter Novak
Mag. Gudrun Braunegger-Kallinger
Mag. Sonja Österreicher
Univ. Doz. Dr. Karl Krajic
KURZFASSUNG
In vielen Ländern wird eine stetige Zunahme der Selbstorganisation von Personen, die von chronischer Krankheit, Behinderung, psychosozialen Problemen oder von Gesundheitsrisiken selbst oder als Angehörige betroffen sind, beobachtet. Mit der zunehmenden Ausdifferenzierung von Patienten- und Angehörigenorganisationen wird auch deren versorgungs- und gesundheitspolitische Beitrag vermehrt öffentlich anerkannt. Die Forderung nach einer angemessenen öffentlichen Unterstützung dieser Gruppen, Organisationen und Verbände und nach ihrer Einbindung in die Organisations- und Systemgestaltung des Gesundheits- und Sozialsystems wird zunehmend erhoben und teilweise auch umgesetzt.
Für Österreich lag bisher über die Selbstorganisation von Patienten und Angehörigen nur wenig wissenschaftliches Wissen vor, das eine datengestützte Einschätzung und seiner öffentlichen Einbindung erlaubt. Mit dem vorgestellten Projekt wurde erstmals eine umfassende und multiperspektivische Beschreibung und Analyse für Österreich umgesetzt: Die zuerst durchgeführte quantitative Fragebogen-Studie orientierte sich an internationalen Vorbildern. Im zweiten Schritt wurden qualitative Interviewstudien mit Vertretern der Gruppen und Unterstützungsstellen (Landes- und Bundesebene) durchgeführt, in einem dritten Schritt Experteninterviews mit Akteuren. Schließlich wurden aus den Ergebnissen Handlungsoptionen für die zukünftige Unterstützung und Beteiligung von Patienten- und Angehörigenorganisationen in Österreich, besonders vor dem Hintergrund aktueller deutscher Erfahrungen abgeleitet.
Der Beitrag zeigt besonders im Vergleich zu Deutschland hohen Entwicklungsbedarf bei der Unterstützung und Beteiligung der Patienten- und Angehörigengruppen/-organisationen in Österreich. Damit richtet er sich auch an die Gesundheits- und Sozialpolitik sowie die sozialen Krankenversicherung, sich stärker in der finanziellen Unterstützung und Entwicklung zu engagieren. Fazit: Um den möglichen Beitrag zur Weiterentwicklung und Nutzerorientierung des Gesundheits- und Sozialsystems durch Patienten- und Angehörigengruppen zu realisieren, werden Maßnahmen der systematischen Kapazitätsentwicklung und der besseren Institutionalisierung von Beteiligungsmodellen auf Organisations-, Landes- und Bundesebene für eine kompetente und legitimierte Interessenvertretung notwendig sein.