Der Autor:
MinR. RegR. Mag. Manfred Hoza
ist Beamter des Rechnungshofes in der Abteilung für Justiz und Inneres.
KURZFASSUNG
Jeder kann Opfer von Mobbing und Diskriminierung werden. Die Folgen sind mitunter schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Depressionen, Alkohol-, Drogen- oder Medikamentensucht bis hin zum Selbstmord. Für die Unternehmen, das Gesundheitswesen sind damit schwere finanzielle Nachteile verbunden. Der wirtschaftliche Schaden ist schwer abzuschätzen, kann aber in enormer Höhe angenommen werden. Die Abwehr von Mobbing und Diskriminierung ist daher sowohl aus menschlichen als auch ökonomischen Gründen geboten.
Das Problem und die hohen volkswirtschaftlichen Kosten von Mobbing und Diskriminierung werden zunehmend erkannt. Laut Statistik Austria fühlen sich rund 93.000 Personen, das sind 2,4 % der Erwerbstätigen, von Mobbing betroffen. Die Sozialpartner arbeiten derzeit an der Umsetzung der europäischen Sozialpartnervereinbarung zum Thema Gewalt und Mobbing und werden noch im Jahr 2010 viele praktische Hinweise und Tipps für die betriebliche Praxis anbieten. Der öffentliche Dienstgeber hat durch das seit 1. Jänner 2010 gültige Mobbingverbot gezeigt, dass er Maßnahmen gegen Mobbing setzt. In den Frauenförderungsplänen des Bundes werden mittlerweile Bestimmungen normiert, die die Abwehr von Mobbing und Diskriminierung bezwecken. So hat z.B. das Bundesministerium für Finanzen im Frauenförderungsplan unter dem Titel „Schutz der Menschenwürde am Arbeitsplatz“ festgeschrieben: Wenngleich noch nicht alle Frauenförderungspläne solche Bestimmungen enthalten, ist doch eine Weiterentwicklung zur Abwehr von Mobbing und Diskriminierung zu erkennen.
In Österreich formieren sich bereits Selbsthilfegruppen, die sich für Betroffene einsetzen. Eine Bürgerinitiative zur Schaffung eines Anti-Mobbing-Gesetzes hat am 18. Juni 2009 einen Antrag für ein solches Gesetz an NR-Präsidentin Barbara Prammer übergeben, der von 1.520 Unterzeichnern, darunter auch Politiker, unterstützt wurde. Nach den Unterzeichnern sollen u.a. Beweiserleichterungen für Opfer, hohe, von der Intensität des Mobbings abhängige, Strafrahmen für Täter und eine Mindestverjährungsfrist von fünf Jahren verankert werden. Ebenso werden Entschädigungen für Mobbing-Betroffene, der Widerruf ehrverletzender Äußerungen und Handlungen sowie verstärkte Präventionsmaßnahmen gefordert.
Aktuell ist ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und Gleichbehandlungsanwaltschaft geändert werden soll, im Parlament in Behandlung, das eine Erweiterung des Diskriminierungsschutzes vorsieht und auch eine Anhebung des Mindestschadenersatzes bei (sexueller) Belästigung von EUR 720 auf EUR 1.000.
Politiker zeigen zudem Interesse an einer Verbesserung der gegenwärtigen Situation für Behinderte. So wurde im Parlament eine Evaluierung und Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft angeregt und dieser Antrag von allen Parteien im Dezember 2009 befürwortet. Am 26. Februar 2010 wurde eine Anfrage betreffend Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung an alle Minister und an den Präsidenten des Rechnungshofes gerichtet.
Die aufgezeigten Rechtsschutzmöglichkeiten sind nicht als „Bedienungsanleitung“ für den Einzelfall zu sehen. Die gesetzlichen Regelungen sind hinsichtlich der jeweiligen Ansprüche, Rechtsfolgen, Fristen sowie Zuständigkeitsregeln für das Verfahren so unterschiedlich, dass diese je nach Sachlage gesondert zu ermitteln sind. Nach Meinung des Autors wären die bestehenden Gesetze allenfalls in Zusammenhang mit den Beratungen über ein Anti-Mobbing-Gesetz dringend zu vereinfachen.
Das Aufzeigen und Bekanntmachen von Rechtsschutzmöglichkeiten bei Mobbing und Diskriminierung soll Betroffenen die Wahl zwischen der Ursachenbekämpfung mit Hilfe von sachkundigen Beratern bzw. Juristen oder der Symptombekämpfung mit Hilfe von Psychologen, Psychiatern und anderen Ärzten erleichtern. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes bei Mobbing ist derzeit auch wegen des abschreckenden Prozessrisikos für die Betroffenen als gering anzusehen. Der Rechtsschutz gegen Diskriminierung ist nach Ansicht des Autors besser ausgestaltet und wird einen zunehmenden Grad der Wirksamkeit erreichen, wenn mehr Betroffene diesen Rechtsschutz in Anspruch nehmen und Arbeitgeber sowie Mobber und Diskriminierer mit ernsthaften Sanktionen rechnen müssen. Nur wenn diese die Erfahrung machen, dass jede ihrer feindseligen Handlungen bzw. Unterlassungen für sie selbst höchst unangenehme Konsequenzen hat, werden sie ihr Verhalten ändern. Die Kosten in Höhe von weit über einer Milliarde Euro jährlich im Gesundheits- und Sozialbereich, aber auch bei (Früh-)Pensionen und in Unternehmen usw. rechtfertigen nach Ansicht des Autors Überlegungen zur Erhöhung der Wirksamkeit des Rechtschutzes, mit dem Ziel von volkwirtschaftlichen Kosteneinsparungen im Milliardenbereich.