Die Autorin:
Mag. Christine Mayrhuber
ist Ökonomin und am WIFO im Forschungsbereich Arbeitsmarkt, Einkommen und Soziale Sicherheit tätig.
KURZFASSUNG
Der Artikel entstand aus einem Vortrag auf der 3. Sozialstaatsenquete Finanzierung des Sozialstaates: „Aufwendungen für die Alterssicherung im europäischen Vergleich“.
Das österreichische Pensionssystem hat den Ruf, eines der teuersten der Welt zu sein. Dieser Ruf rührt aus dem Vergleich der Pensionsaufwendungen in Relation zur gesamten Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) eines Jahres. Während die systematisierte Erfassung der Wirtschaftsleistung (BIP) eines Landes auf eine lange Tradition zurückblickt, ist die Systematisierung der Altersaufwendungen weniger einheitlich. Es liegen unterschiedliche Erfassungskonzepte vor, die aufgrund der Zielstellungen zu unterschiedlichen Altersaufwendungen eines Landes kommen. Ein Ländervergleich mit der Altersausgabenquote ist mit großen Einschränkungen verbunden. Ein Systemvergleich mit einer einzigen Zahl überdeckt vorhandene Unterschiede und glättet Verschiedenheiten der Sicherungssysteme.
Im diesem Artikel sind im ersten Teil die unterschiedlichen Konzeptionen der Altersausgabenquote und deren Höhe dargestellt. Im zweiten Teil sind strukturelle Unterschiede, die auf die Höhe der Altersausgaben wirken, skizziert. Diese Unterschiede betonen die Einschränkungen, denen ein Ländervergleiche mit der Maßzahl der Altersaufwendungen in Relation zur gesamten Wirtschaftsleistung unterworfen ist.
Im Hinblick auf die Unschärfen von Ländervergleichen, werden exemplarisch drei Länder herausgegriffen, die die strukturellen Unterschiede der europäischen Wohlfahrtsmodelle nach repräsentieren. Dies ist Österreich als korporatistischer Wohlfahrtsstaat, Schweden als Ausprägung des universalistischen Wohlfahrtsstaates sowie Großbritannien als liberaler Sozialstaat.
Resumée
Das unterschiedliche Niveau der Altersaufwendungen – v.a. jenes der ersten Säule – entspricht den unterschiedlichen Zielsetzungen der Wohlfahrtsmodelle. Das britische System hat die Vermeidung von Altersarmut zum Ziel, die Lebensstandardsicherung obliegt hauptsächlich der zweiten Säule. In Österreich erfolgt die Sicherung des Lebensstandards über die erwerbs- und einkommenszentrierte erste Säule, was mit entsprechend hohen Pensionsausgaben in der gesetzlichen Pensionsversicherung verbunden ist. In Schweden sichert eine Kombination staatlicher und betrieblicher Elemente den Lebensstandard im Alter. Ein Benchmark der Alterssicherungssysteme mithilfe der Maßzahl Altersaufwendungen in Relation zur Wirtschaftsleistung ist damit immer ein Vergleich der unterschiedlichen Wohlfahrtsfunktion der Alterssicherung der verglichenen Länder. Von der Altersausgabenquote können keine direkten Rückschlüsse auf das finanzielle Engagement öffentlicher Budgets gezogen werden. Hohe Aufwendungen für die Pensionen sind nicht automatisch mit großen Mitteln aus dem Bundesbudget verbunden. Vielmehr sind den Pensionsausgaben die Beitragsleistungen gegenüber zu stellen.
Die Altersausgabenquote eignet sich als Maßzahl für die Aufwendungen der Alterssicherung in jenen statistischen Erfassungskonzepten, die möglichst einheitlich alle Systeme erfasst. Werden nur die Aufwendungen der ersten Säule – die aufgrund der zentralen Verwaltung lückenlos erfassbar sind – betrachtet, sind die gesamten Altersaufwendungen und damit die Beitragsleistungen untererfasst. Ländervergleiche mit der Maßzahl, die auf der ersten Säule beruhen, zeigen nur einen Ausschnitt der Sicherungssysteme und damit der Altersaufwendungen. Das österr. Pensionssystem hat daher seinen teuren Ruf erhalten, der bei Berücksichtigung der Betriebspensionssysteme relativiert wird. In Systemen mit ausgebauter betrieblicher Alterssicherung kommt den Beitragsleistungen der Unternehmen hohe Bedeutung zu, die aufgrund der dezentralen Organisation statistisch nicht umfassend dokumentiert ist. So sind in den Niederlanden bzw. der Schweiz Beitragsleistungen für Betriebspensionen gleich hoch wie Beitragsleistungen in der ersten Säule.
Eine Verbesserung der Erfassung der zweiten Säule erhöht einerseits die Vergleichbarkeit der Altersaufwendungen, andererseits kann der Versorgungsgrad und das Versorgungsniveau der Altersbevölkerung damit besser ermittelt werden. Darüber hinaus bildet die Erfassung aller Alterssicherungsbereiche, ihre direkten und indirekten Kosten bzw. Beiträge die Grundlage zur Einschätzung der Verteilungssituation in der Alterssicherung.