Die Autorin:
Mag. Beate Atzler, MPH
ist Geschäftsführerin des Instituts für Gesundheitsförderung und Prävention.
KURZFASSUNG
Dass die Gesundheitsversorgung – speziell die Primärversorgung – und da wieder besonders im ländlichen Raum vor großen Herausforderungen steht, ist allgemein bekannt. So gibt es einerseits eine Fehlverteilung der Kapazitäten zwischen ländlichen und städtischen Regionen und zum anderen zwischen hausärztlicher Grundversorgung und spezialisierter fachärztlicher Versorgung im ambulanten Bereich. Im stationären Bereich besteht ein Überangebot an Versorgungskapazitäten verbunden mit – besonders in strukturschwachen Regionen – mangelnden Fallzahlen in einzelnen Teilbereichen. Aktuelle gesundheitspolitische Bemühungen, aufbauend auf den Rahmengesundheitszielen, der Artikel-15a-Vereinbarung bzw. der Zielsteuerung Gesundheit und bundesweiter Gesundheitsförderungsstrategie verfolgen daher einerseits das Ziel bestehende Über-, Unter- oder Fehlversorgungen in den Griff zu bekommen, parallel dazu aber auch weiterhin eine ausreichende und qualitativ hochwertige Versorgung der österr. Bevölkerung sicherzustellen.
Dazu wurde ein Mehrebenen-Modell vorgestellt, das der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) als Grundlage für ihre Bemühungen im ländlichen Raum bzw. für das Innovationsprojekt „Gesundheitsdialog Mürztal“ (GDM) dient und in den nächsten Jahren sukzessive ausgebaut werden soll. Im Rahmen des Modells stehen auf Basis einer regionalen Versorgungsplanung und eines gemeinsamen Steuerungsgremiums, lokale (ambulant oder stationär) Gesundheitszentren im Mittelpunkt, die speziell auf eine ältere und chronisch erkrankte Bevölkerung abgestimmte umfassende Versorgungs- und soziale Angebotslandschaft beinhaltet sowie lokale Gesundheitsdienstleister integriert bzw. miteinander verknüpft.
Das Modellprojekt „Gesundheitsdialog Mürztal“ hat im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag gestartet und ist ein seit Jahren laufendes Netzwerkprojekt der VAEB in der Region „Obersteiermark Ost“. Obersteiermark Ost ist eine von sieben steirischen Regionen, die es seit den Beschlüssen der steirischen Gemeinde- und Strukturreform im Jahr 2009 in dieser Form gibt. Die Region umfasst die Bezirke Bruck- Mürzzuschlag und Leoben. Das definierte Gebiet umfasst rund 40 Gemeinden und hat an die 160.000 Einwohner.
So verfügt die VAEB im Mürztal über zwölf BGF-Gütesiegelbetriebe und führt seit Jahren ein Gesundheitsförderungsprogramm für Pensionisten durch. Weiters besteht eine Kooperation mit einem lokalen Gesundheitszentrum für die Umsetzung eines ambulanten Bewegungsprogrammes sowie eine eigene Gesundheitseinrichtung (GE Breitenstein) mit einem Schwerpunkt für Stoffwechselerkrankungen. Die Einrichtung ist Standort für die Steuerung des ersten telemedizinischen Betreuungsangebotes für Diabetiker. Aktuell werden den Versicherten der VAEB im Rahmen des GDM sieben verschiedene Programme angeboten. Die Teilnahme an diesen Programmen ist für alle VAEB-Versicherten freiwillig und kostenfrei.
Mit den Betriebskrankenkassen Kapfenberg und Voestalpine-Bahnsysteme gibt es formelle Kooperationen und eine jährliche gemeinsame Gesundheitsmesse in Kapfenberg. Mit der StGKK, der SVB und der BVA werden gemeinsame Aktivitäten im Bereich der „Betrieblichen Gesundheitsförderung“ geplant und durchgeführt. Für die Organisation in der Region wurden von der VAEB drei Netzwerkkoordinatoren eingestellt, die die jeweiligen Programme begleiten, die Akteure informieren und den Versicherten als Ansprechstellen dienen.
Das vorgestellte Projekt zeigt vor dem Hintergrund eines möglichen Zukunftsmodells durch eine regional vernetzte Gesundheitsversorgung erste Entwicklungsschritte eines bevölkerungsnahen Ansatzes auf. Dafür ist aber noch einiges zu tun. Neben entsprechenden Strukturen, Finanzierungsmechanismen bzw. einem modernen Management von Krankheit und Gesundheit ist aus Sicht der VAEB die Einbindung Betroffener und der Ärzte ein wesentlicher Erfolgsfaktor.