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Privatleistungen im Spannungsfeld zur Sachleistungsversorgung der Krankenversicherung


Univ.-Ass. Dr. Birgit SchrattbauerDie Autorinnen:
Univ.-Ass. Dr. Birgit Schrattbauer

forscht im Fachbereich Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität Salzburg mit den Schwerpunkten Arbeits- und Sozialrecht. Seit 2015 betreut sie die dort von SV-Wissenschaft eingerichtete "Forschungsstelle Sozialversicherung".


KURZFASSUNG


Die Problematik von Privatleistungen im Spannungsfeld zur Sachleistungsvorsorge der KV bleibt ein Bereich, in dem noch längst nicht alle Fragen geklärt sind. Die Grenzen der Zulässigkeit einer privaten Verrechnung von Leistungen, zu deren Erbringung als Sachleistung sich der Vertragsarzt bzw. das Vertragsambulatorium dem KV-Träger gegenüber vertraglich verpflichtet hat, sind nicht mühelos auszuloten. Zwar sollte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur kein Zweifel mehr bestehen, dass eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners als Wahlarzt oder Wahlambulatorium schon von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist. Weniger klar ist, inwieweit auch einer Privatbehandlung von Anspruchsberechtigten durch Vertragsarzt oder Vertragsambulatorium ohne nachfolgende Kostenerstattung Grenzen gesetzt sind.


Bei der Lösung dieser Frage ist einerseits der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich der Gesetzgeber für ein System der Invertragnahme freiberuflicher Leistungserbringer entschieden hat; auch den hier näher betrachteten GV im Bereich der CT- bzw. MRT-Leistungen ist zu entnehmen, dass Privatbehandlungen anstelle der Sachleistung offensichtlich nicht zur Gänze ausgeschlossen werden sollten. Dass dies andererseits kein Freibrief für die Vertragspartner sein kann, die Anspruchsberechtigten mit mehr oder weniger subtilen Methoden zu einem Verzicht auf die Sachleistung und zu einer bevorzugten Behandlung gegen private Übernahme der Behandlungskosten zu bewegen, ergibt sich aus dem Zweck der Gesamtverträge, die nach dem Willen des Gesetzgebers das vorrangige Instrument zur Umsetzung der Pflicht der KV-Träger zur Sicherstellung einer ausreichenden Sachleistungsvorsorge sein sollen.


In diesem Spannungsfeld steht auch die Frage nach der Zulässigkeit einer Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe im Bereich der Vertragsambulatorien, die CT- und MRT-Untersuchungen durchführen. Dazu lässt sich zunächst allgemein festhalten, dass das Sachleistungsprinzip des ASVG nicht durch aktives Anbieten der Erbringung von einzelvertraglich geschuldeten Leistungen gegen Privatzahlung unterlaufen werden darf. Ebenso wenig dürfen die Anspruchsberechtigten durch Manipulationen bei den Wartezeiten im Sinne der Nichtvergabe von früheren Terminen bei an sich noch freien Kapazitäten während der vertraglich vereinbarten Öffnungszeiten in die Rolle von Privatpatienten gedrängt werden. Behandelt das Vertragsambulatorium Selbstzahler allerdings nur in strikt von den Vertragsordinationszeiten getrennten Terminen oder werden die im Rahmen gemeinsamer Öffnungszeiten vergebenen Privattermine durch eine entsprechende Verlängerung der Mindestöffnungszeiten kompensiert, so ist vor dem Hintergrund der derzeitigen Gesamtverträge keine Vertragsverletzung feststellbar, auch wenn sich daraus für Privatpatienten eine günstigere Situation bei den Wartezeiten ergibt.


Da eine effektive Kontrolle der Terminvergabe durch die Vertragspartner der KV-Träger aber kaum möglich scheint, wäre die Aufnahme ausdrücklicher Regelungen in die Gesamtverträge zu empfehlen, die eine Bevorzugung von Privatpatienten ausdrücklich verbieten bzw. die zusätzliche Sonderöffnungszeiten für Selbstzahler zumindest beschränken. Eine unzulässige Beschränkung der Erwerbsfreiheit ist darin nicht zu erkennen.

Zuletzt aktualisiert am 14. November 2020